Ich wollt ich wär ein Huhn…

Darf ich mich vorstellen… Hannelore Huhn.

Ich lebe mit meinen Freundinnen, na ja, manche sind lediglich Kolleginnen, auf dem Martinshof. Das ist ein Leben! Früh am Morgen weckt uns Hansjörg Hahn. Wir stehen auf und begrüßen unseren Bauern, der auch gleich in der Früh nach uns schaut, mit lautem Gegacker.

Während die Letzten noch verschlafen auf den Sitzstangen den ersten Sonnenstrahlen entgegenblinzeln, sind die Ersten, und da gehöre ich natürlich dazu, bereits auf dem Weg zum Nest.

Da ich nur ungern alleine mein Ei lege, treffe ich mich mit meinen Freundinnen immer im gleichen Nest. Wir erzählen uns das Neueste und legen in das dunkle geschützte Familienlegenest unser Ei – schließlich muss ja nicht jede sehen, welch schönes Ei ich lege.

Nachdem wir unser Ei gelegt haben, geht es meistens nach einem kurzen Imbiss auch schon hinaus ins Freie. Wenn es sehr kalt oder sehr heiß ist, spaziere ich im überdachten Wintergarten, der mich und mein rotbraunes Federkleid schützt. Ich scharre und picke im weichen Stroh und hie und da treffe ich mich auch mit Hansjörg Hahn – ein schöner, stolzer Hahn, der Hansjörg.

Ansonsten verweile ich natürlich auf der saftig grünen Wiese, die für mich so unendlich weit ist, dass es immer etwas Neues zu entdecken gibt. Und die Schönheit? Ja – für meine Schönheit nehme ich nachmittags ein Sandbad und reinige so mein Gefieder. Das ist so ähnlich, wie ein Peeling. Wenn ich Hunger oder Durst habe, kann ich jederzeit im Stall fressen oder trinken. Einmal habe ich mir den Fuß verstaucht und konnte nicht mehr richtig laufen. Es tat ein bisschen weh, aber Gott sei dank kam gleich der Bauer und mit ein bisschen Pflege war ich ruck zuck wieder fit.

Bis Abends bin ich meistens ziemlich müde, ich suche mir mein Plätzchen auf der Sitzstange, stecke meinen Kopf unter mein Gefieder und ruhe mich bis zum nächsten Morgen aus. Ja, mein Schönheitsschlaf ist mir wichtig.

Vielleicht denkt ihr ich sei eitel oder halte mich für huhnwiderstehlich, möglicherweise bin ich das ja auch ein wenig. Aber vielleicht bin auch nur so, wie ich bin, weil mein Bauer so gut auf mich achtet. Ich wollt, ich wär ein Huhn?

Ich bin ein Huhn und ich bin froh auf dem Martinshof zu sein.

Und morgen leg ich noch ein schöneres Ei.